Das waren die Reisen zu den Englischen Gärten

England ist das Land der Gärten. Nirgends sonst wird diesem Kulturgut so viel Liebe und Zuwendung entgegengebracht wie eben gerade hier. Wenn sich in Italien die vornehmen Herrschaften hüten vor den schmutzigen Händen der Gartenarbeit, sind es in England diese, welche erst das Zeichen des Adels ausmachen, wie mir eine liebenswürdige Lady aus Norfolk erläuterte. Dieses aktive Arbeiten im Garten, das nicht nur den Angestellten überlassen wird, macht es aus, dass wir hier vor einem Phänomen stehen, das mit nichts anderem vergleichbar ist. In aller Regel ist man stolz auf sein Werk, in das man seine ganze Freizeit investiert, für das man sich sogar frühzeitig pensionieren lässt, um immer weiter daran zu bauen, zu züchten, zu sammeln und zu pflegen.

Im Buch des ‘National Gardens Schema’ werden jährlich über 3’500 Gärten aufgeführt, die zu mindest einmal im Jahr der Bevölkerung geöffnet werden. Allen voran stehen die königlichen Gärten in Sandringham und Frogmore. Anderseits ist man nicht zu nobel, einen Eintrittspreis zu verlangen, auch wenn der Garten noch so klein ist. Ich verstehe dies als Zeichen dafür, dass man ein gern gesehener Gast und nicht nur geduldet ist.

Dass es einen Gärtner wie mich immer wieder in dieses Land zieht, dass man fast wie süchtig werden kann, ist nicht weiter verwunderlich. Ihre Art der Pflanzenverwendung, des Einsatzes von natürlichen und meist ortsgebundenen Materialien, diese Einheit von Haus und Garten, das grosse Engagement, der Stolz und die Offenheit der Besitzer sind Dinge, die man woanders nicht findet.

Und dann die grossen Landschaftsgärten! Wenn man zehn gesehen hat, ist man der Meinung, man wüsste nun, worum es geht. Hat man dreissig gesehen, ist man dem Mysterium weiter entfernt denn je. Vielleicht ist es so, wie Addison 1710 geschrieben hat. Er erzählt einen Traum, in dem er von den Gipfeln der Alpen herab in ein idyllisches Tal mit grünen Wiesen, Wäldern und kristallklaren, sich schlängelnden Wasserläufen blickt. Er beschreibt, wie dort jede Pflanze, jede Blume in ihrer individuellen Schönheit gedeiht, „ohne durch regulierende Begrenzungen und Parterres eingeengt zu sein“, und ihm wird schlagartig klar, dass „diese glücklichen Gefilde von der Göttin der Freiheit bewohnt werden“. Begründen wir Schweizer unsere Freiheit in der Wildheit der bergigen Landschaft, ist sie in England in der Weite des Gartens zu suchen. In der Tat hat sich die dominierende Stellung des Hofes in der „glorreichen Revolution“ von 1688/89 grundlegend verändert. Damit war die Zeit für grossen Gärten gekommen, welche mitwirkten, das Spannungsfeld zwischen der ständig wachsenden Metropole London und dem Land aufzubauen.

Die erste Reise - vom 2. - 13. Juni 1999 war den kleineren Gärten gewidmet.

Grosse kleine Gärten war das Thema.

Gärten einiger grosser Landschaftsarchitekten und Gärtnerinnen stehen im Vordergrund. Russel Page, Geoffrey Jellicoe, Anthony Paul, Peneloppe Hobhouse, Beth Chatto und natürlich die grosse alte Dame des Pflanzengartens Gertrude Jekyll sind einige der Autoren, deren Gärten wir besuchen werden.

Der Bogen spannt sich von den sog. Eduardischen Gärten (um 1870 - 1914) bis zur Moderne eines Anthony Paul, wobei eine bemerkenswert konstante Tradition festzustellen sein wird.

Man spricht von den Country Gardens, den traditionellen englischen Gärten und nur selten wird es in unserem Sinne moderner. Noch immer sind es die klassischen Formen und Materialien, welche den neuen Garten bestimmen. Und nach wie vor sind es die Pflanzen, die das Geschehen dominieren. Privilegiert mit durchlässigen, meist leicht sauren Böden, einem ausgeglichenen Klima und unendlich vielen Baumschulen und Pflanzenzentren gedeiht alles was man sich wünscht. Dadurch hat sich die englische Art der Pflanzenverwendung entwickelt: Farben und Formen können fast ohne Rücksicht auf Pflanzenansprüche kombiniert werden, man malt mit den Blumen, gestaltet Bilder und Stimmungen.

Es ist das Reich der Pflanzenliebhaber. Das bedeutet aber nicht, dass die Gestaltung dieser Gärten zu kurz kommen würde. Ganz im Gegenteil! Nicht nur Sissinghurst und Hidcote sind klar strukturiert, alle diese wunderbaren Gärten, die wir besuchen werden, haben ihren ganz eigenen Charme, hervorgerufen durch eine gekonnte und überlegte Planung, die sich immer an den örtlichen Gegebenheiten orientiert. Die Anlagen wirken nie kleinlich oder zu verspielt, allen ist ein markanter Charakter eigen.

Die zweite Reise vom 22. September - 3. Oktober 1999 war den grossen Englischen Gärten gewidmet.

Es ist das, was man meint zu kennen - und ist doch immer wieder überrascht. Fühlt man sich in Sezincote wie im Orient, wird man im königlichen Sandringham von der endlosen Weite beinahe erdrückt. Der Landschaftsgarten in der Inbegriff von Abgeklärtheit, Grosszügigkeit und gestalterischer Tiefe. Vielleicht widerspiegelt sich hier der Höhepunkt der Landschaftsarchitektur.

Man mag sich fragen, warum nicht beide Reisen von beidem etwas bieten. In einem gewissen, wohl ausgewogenen Masse tun sie das. Zudem gibt es verschiedene ‘Übergangsgärten’.

Es ist mir aber wichtig, nicht ein Potpourri, ein hübsches Allerlei zu servieren, sondern die Möglichkeit zur Vertiefung zu schaffen. Der gewöhnliche Tourist schaut sich von allem etwas an, der Feinschmecker stellt sich sein Menü nach einem bestimmten Thema zusammen. Oder waren Sie je in einem Konzert, in dem Beethoven und Modern-Jazz gespielt wurde?

Aufgelockert werden die Gartenbesichtigungen durch die vorzügliche englische Hotellerie (ich lege grossen Wert auf klassische, gute Häuser, in welchen der Komfort allerdings in jeder Beziehung da ist). Auch das Essen lässt in keiner Art und Weise zu wünschen übrig. Dass die Engländer auch guten Wein machen können, werden wir in einem Weingut persönlich erkunden.

Da die Engländer grosse Eisenbahnfans sind, werden wir uns selbstverständlich auch einmal per Dampf fortbewegen lassen, auf den übrigen Wege wird uns ein komfortabler Bus befördern.

Die Kunst soll nicht zu kurz kommen, es gibt ganz versteckt einiges zu entdecken. Die grossen Städte meiden wir, dafür lassen wir die vielen sehr hübschen, kleinen, alten und verträumten Städtchen und Städte auf uns wirken.

Zu den umfangreichen illustrierten Beschreibungen über die Geschichte der englischen Gärten des 18. und 20. Jahrhundert und zu einer Einführung in die Geschichte Englands gelangen Sie, wenn Sie hier klicken.

Zu den Beschreibungen der Gärten, die wir auf den Reisen besuchten, gelangen Sie, wenn Sie hier klicken.

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